In jeder Schulklasse sitzen schätzungsweise ein bis zwei Kinder, die sexuelle Gewalt erlebt haben.
Die Folgen von traumatischen Erfahrungen
Auch in einem fortschrittlichen Land wie Deutschland sind traumatische Ereignisse bei Kindern und Jugendlichen alles andere als selten. Die WHO schätzt, dass 1.000.000 Kinder von sexueller Gewalt betroffen sind. Auch körperliche Misshandlung, schwere Unfälle und der plötzliche Tod einer nahen Bezugsperson sind häufiger als man denkt.
Obwohl manche Kinder die Erlebnisse von alleine gut überwinden, entwickelt doch eine beträchtliche Anzahl von ihnen eine krankheitswertige seelische Belastungsreaktion und benötigt therapeutische Hilfe.
Am schlimmsten ist für viele Betroffene, dass sie die Erlebnisse nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Ständig müssen sie daran denken, durchleben das Ganze innerlich immer und immer wieder. Dabei werden sie von starken Gefühlen von Angst und Hilflosigkeit überfallen. Nachts können viele kaum noch schlafen und haben fürchterliche Albträume.
Kinder und Jugendliche, die an den Folgen von Trauma leiden, sind meistens überzeugt, dass sie etwas falsch gemacht haben oder geben sich die Schuld für das Trauma und schämen sich sehr. Sie fühlen sich traurig und einsam, haben keinen Spaß mehr an ihren Hobbys und tun sich schwer, anderen zu vertrauen.
Weil sie sich schlechter konzentrieren können, nehmen die schulischen Leistungen dramatisch ab. Weil sie leicht Wutausbrüche bekommen, geraten sie in Konflikte mit Gleichalterigen, Eltern und Lehrern. Sie erfahren viel Zurückweisung und Ablehnung. Manche sind so verzweifelt, dass sie sich am liebsten umbringen möchten.
Helfen Sie uns
zu helfen:
»Ich habe mein Kind nicht mehr wiedererkannt. Aus meinem aufgeschlossenen und fröhlichen Sohn wurde ein reizbarer, streitsuchender Junge. Manchmal war er kaum noch ansprechbar und ganz in sich versunken. Als er seine kleine Schwester im Streit ernsthaft verletzte, konnte er nicht länger zuhause wohnen bleiben.«
Mutter von Julian M. (12)* nach dem sexuellen Missbrauch
*Name von der Redaktion geändert
Die Nicht-Behandlung von Traumafolgestörungen hat auch langfristig negative Folgen
77% der Betroffenen erleben weitere Traumata
Sie geraten später häufig an missbrauchende oder gewalttätige Partner, die ihre Kinder gefährden. Es besteht das Risiko einer Weitergabe von Traumata in die nächste Generation.
50% des Risikos für koronare Herzkrankheiten gehen auf Kindheitstraumata zurück
Traumatisierung in der Kindheit erhöht direkt und indirekt die Risiken für körperliche und seelische Erkrankung und verringern die Lebenserwartung.
11 Mrd. Euro wirtschaftliche Folgekosten pro Jahr allein in Deutschland
Die Nicht- oder Fehlbehandlung von Traumafolgestörungen erzeugt immense Kosten. Ein Viertel der Betroffenen schließt nie eine Berufsausbildung ab.
»Hilflosigkeit und Isolation sind die Kernerfahrungen von Trauma. Kraft und wiedergewonnene Verbindung sind die Kernerfahrungen seiner Überwindung.«
Judith Herman, Autorin von "Die Narben der Gewalt"
Trauma-fokussierte Therapie wirkt!
In einer traumafokussierten Therapie wird Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern zunächst einmal Sicherheit, Vertrauen und Hoffnung vermittelt. Sie üben, sich zu entspannen und mit überflutenden Gefühlen und belastenden Gedanken umzugehen.
Der wichtigste Bestandteil der Therapie ist, dass die traumatischen Ereignisse verarbeitet werden, zum Beispiel indem sie mithilfe der Therapeutin gemalt, aufgeschrieben und besprochen werden. Dadurch nehmen die ungewollten Erinnerungen ab.
Im weiteren Verlauf der Therapie werden Ängste und Einschränkungen überwunden, die seit dem Trauma bestehen. Kinder und Jugendliche lernen, wie sie ihr Leben künftig sicher und zufriedenstellend gestalten können.
Je kleiner die Kinder, desto enger werden die Eltern oder Bezugspersonen in jeden Schritt einbezogen. Häufig ist es wichtig, sich mit anderen Bezugssystemen wie Schule oder Kinder- und Jugendhilfe abzustimmen.
Helfen Sie uns
zu helfen:
»Kinder, die Traumata überstanden haben, sind keine Opfer - sie sind Überlebende! Sie stecken voller Ressourcen und haben ein erfülltes Leben vor sich, wenn sie adäquat versorgt werden.«
Dr. Johanna Unterhitzenberger, Psychotraumatologin
Für die Behandlung von Traumafolgestörungen stehen zahlreiche sehr wirksame und wissenschaftlich gut untersuchte Therapiemethoden zur Verfügung. Aus der Praxiserfahrung und aus der Forschung wissen wir, dass Kinder und Jugendliche auch wiederholte und heftige traumatische Erfahrungen mithilfe einer passenden Behandlung gut überwinden können. Sie gehen gestärkt in das weitere Leben.
Traumatherapie reduziert nicht nur die Belastungssymptome, sondern ist die beste Prävention gegen seelische und körperliche Langzeitfolgen. Kinder und Jugendliche erhalten wieder den vollen Zugriff auf ihre Ressourcen, bewältigen erfolgreich ihre Entwicklungsaufgaben und können ihre Potentiale besser entfalten. Damit erhalten sie die faire Chance auf einen gesunden Lebensweg.